17.10.2023 | 05:45
BioNTech, Cardiol Therapeutics, Bayer – die Grenzen der Medizin neu definieren
Die Bedeutung des Biotech- und Pharmasektors nimmt in unserer Gesellschaft eine immer größere Rolle ein. Dies lässt sich vor allem auf den demografischen Wandel zurückführen, da die Menschen weltweit immer älter werden. Mit dem Anstieg der Lebenserwartung steigt auch die Prävalenz von altersbedingten Krankheiten wie beispielsweise Krebs und Herzkrankheiten. Diese beiden Krankheitskategorien stellen eine erhebliche Belastung für die Gesundheitssysteme dar und erfordern innovative Lösungen für Diagnose, Behandlung und Prävention. Hier könnte nach Corona der nächste weltweite Blockbuster entwickelt werden. Wir sehen uns drei interessante Kandidaten an.
Lesezeit: ca. 5 Min.
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Autor:
Armin Schulz
ISIN:
BIONTECH SE SPON. ADRS 1 | US09075V1026 , CARDIOL THERAPEUTICS | CA14161Y2006 , BAYER AG NA O.N. | DE000BAY0017
Inhaltsverzeichnis:
Der Autor
Armin Schulz
Der gebürtige Mönchengladbacher studierte Betriebswirtschaftslehre in den Niederlanden. Im Zuge des Studiums kam er erstmals mit der Börse in Kontakt. Er hat mehr als 25 Jahre Erfahrung bei Börsengeschäften.
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BioNTech – kauft weiter in China ein
Die International Agency for Research on Cancer (IARC) hat die Zahl der Neuerkrankungen mit Krebs für das Jahr 2020 auf rund 19,3 Mio. geschätzt. Bis 2040 geht man von einer Steigerung von 56 % aus. Die steigende Inzidenz ist ein Beleg für einen wachsenden Markt. BioNTech hat schon vor seinem Corona-Impfstoff Blockbuster an Therapiemöglichkeiten zur Krebsbekämpfung gearbeitet. Der Durchbruch mit Comirnaty hat einerseits für hohe Gewinne beim Unternehmen und seinem Partner Pfizer geführt, aber noch wichtiger ist, dass die Tür für die mRNA-Technologie aufgestoßen wurde. Denn auch die Onkologie-Pipeline setzt auf mRNA.
Dabei konzentriert sich das Unternehmen vor allem auf Therapien für solide Tumore, insbesondere Melanome, Lungenkrebs und Prostatakrebs, da dort erhebliches Marktpotenzial vorliegt. Aufgrund der guten finanziellen Situation kann BioNTech die Forschungen mit voller Kraft verfolgen und bei Bedarf auch extern Wissen einkaufen. Am 12. Oktober wurde bekannt, dass von MediLink Therapeutics die Exklusivrechte an einem HER-3 gesteuerten Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) gekauft wurden. Die Zahlung beträgt im ersten Schritt 70 Mio. USD, kann aber bei Erreichung bestimmter Meilensteine bis auf 1 Mrd. USD ansteigen.
Das ist bereits die 5. Partnerschaft mit einem chinesischen Unternehmen in diesem Jahr und einige Experten sehen BioNTech auf einem ähnlichen Weg wie Daiichi Sankyo, dem zweitgrößten japanischen Pharmazieunternehmen, da man sich auf die gleichen Rezeptoren der ADCs konzentriert. Da Pfizer am 13. Oktober seine Umsatzprognose um 9 Mrd. USD auf 58-61 Mrd. USD gesenkt hat, wurden viele Pharma- und Biotechwerte mit nach unten gezogen. Dem konnte sich auch BioNTech nicht entziehen und die Aktie ging mit 101 EUR aus dem Xetra-Handel am Freitag.
Cardiol Therapeutics – vielversprechendes Medikament zur Behandlung von Herzinsuffizienz mit neuen positiven Ergebnissen
Die Zahl der Herzkrankheiten nimmt weltweit zu. Die Hauptgründe sind ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und das zunehmende Alter der Bevölkerung. Herz-Kreislauf-Krankheiten, einschließlich Herzinfarkt und Schlaganfall, sind eine der Hauptursachen für Todesfälle weltweit. Laut der WHO sterben jährlich etwa 17,9 Mio. Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dieser Entwicklung hat Cardiol Therapeutics den Kampf angesagt. Deren Hauptprodukt CardiolRx™ ist eine pharmazeutisch hergestellte orale Formulierung auf der Basis von hochreinem Cannabidiol (CBD) und wird für die Behandlung von Herzerkrankungen entwickelt. Das Präparat befindet sich bereits in 2 Phase-II Studien gegen wiederkehrende Herzbeutelentzündungen (MAvERIC-Studie) und akuten Herzmuskelentzündungen (ARCHER-Studie).
Neben CardiolRx™ forscht das Unternehmen an CRD-38, einem Medikament gegen Herzinsuffizienz (Herzschwäche), das unter die Haut gespritzt wird. Hierzu konnte man am 10. Oktober sehr positive Studienergebnisse vermelden. Bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion, d. h. das Herz ist zu steif, um sich richtig zu füllen, wurde gezeigt, dass der aktive pharmazeutische Wirkstoff (API) in CRD-38 sowohl die Zunahme des Körper- und Herzgewichts verlangsamt als auch einen Anstieg der Entzündungs- und Umbaumarker des Herzens verhindert. Diese Art der Herzinsuffizienz ist in den meisten Fällen das Resultat von fettreicher Ernährung, was zu einer Zunahme des viszeralen Fettgewebes führt, und sich an Organen wie dem Herzen absetzt. In den USA belaufen sich die Gesundheitskosten allein aufgrund dieses Krankheitsbildes auf über 30 Mrd. USD jährlich.
Auch aus der ARCHER-Studie gab es kürzlich eine positive Meldung. Die Patientenrekrutierung bei der Studie mit akuten Herzmuskelentzündungen soll 6 Monate früher als vorgesehen abgeschlossen sein. Cardiol Therapeutics konnte alle kooperierenden klinischen Forschungszentren initiieren. Man rechnet jetzt mit einer vollen Studienbesetzung von 100 Patienten im 3. Quartal 2024. Wer sich genauer informieren möchte, sollte sich den aktuellen Vortrag von CEO David Elsley ansehen, den er am 10. Oktober nach der Nachricht zu CRD-38 auf dem International Investment Forum gehalten hat. Die Aktie sprang nach der Meldung vom 10. Oktober bis auf 1,04 USD nach oben, um danach, vielleicht aufgrund der Pfizer Meldung, wieder bis auf 0,82 USD zu fallen.
Bayer – Zusammenarbeit mit Twist Bioscience
Bayer ist sowohl ein Chemie-, als auch Pharmakonzern. Diversifikation kann Vorteile bringen, aber es kann auch Nachteile haben. Im Fall Bayer hat die Monsanto Übernahme und die daraus resultierenden Gerichtsverfahren die durchaus erfolgreiche Pharmasparte in Sippenhaft genommen. Am 12. Oktober beriet die EU Kommission über eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat. Nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit einen Bericht vorgelegt hatte, nach dem von Glyphosat keine größeren Gefahren ausgehen, schien eine Verlängerung um 10 Jahre nur Formsache. Doch die Mitgliedsstaaten konnten sich am Ende nicht einigen. Es gab weder ein klares Ja, noch ein klares Nein.
Wieder einmal muss man aufgrund der Monsanto Übernahme abwarten wie es weitergeht. Im Pharmabereich geht es dagegen vorwärts. Am 5. Oktober konnte man die Zusammenarbeit mit Twist Bioscience (Twist) verkünden. Bayer erhält Zugang zu den Twist Antikörper-Bibliotheken und will so seine Arzneimittelforschung beschleunigen. Dafür zahlen die Leverkusener bis zu 188 Mio. USD, die an Meilensteine und Lizenzgebühren gekoppelt sind. Dr. Jürgen Eckhardt, Leiter Business Development und Mitglied des Executive Comittee der Sparte Pharmaceuticals und Leiter Business Development sagte: “Twist Biosciences 'Bibliothek der Bibliotheken' ist optimal geeignet, um die Entdeckung von Medikamenten zu beschleunigen und somit schneller einen bedeutenden Nutzen für Patienten zu erzielen.“
Der Konzern arbeitet ebenfalls an Herzerkrankungen und hat Ende August weitere Studien mit seinem Medikament Finerenon bei Patienten mit Herzinsuffizienz begonnen. Auch bei Therapiemöglichkeiten bei Krebs mischt Bayer mit. Die Tochter Vividion Therapeutics startete Mitte September mit der klinischen Phase-I Studie mit dem KEAP1-Aktivator bei fortgeschrittenen soliden Tumoren. Damit sollen Krankheiten gestoppt und im Idealfall eine Heilung erfolgen. Die Aktie hat ihren Supportbereich von 43,29 EUR bis 44,00 EUR mittlerweile erreicht und ist derzeit für 43,56 EUR zu haben.
Der Markt für Biotech- und Pharmaunternehmen wächst. Die großen Marktpotenziale liegen bei der Bekämpfung von Herzkrankheiten und Krebs. BioNTech hat eine große Pipeline und kauft auch noch extern zu, um seine Entwicklung zu beschleunigen. Cardiol Therapeutics hat mit CardiolRx™ und CRD-38 gleich zwei heiße Eisen im Feuer. Kürzlich gab es sehr positive Studienergebnisse zu dem Wirkstoff in CRD-38, die zeigen, dass er die Zunahme des Körper- und Herzgewichts reduziert, was ein neues Geschäftsfeld eröffnen könnte. Bayer muss mit Glyphosat eine Extrarunde bei der EU-Kommission drehen. Im Pharmabereich geht es dagegen voran.
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